Nordmännernacht Teil 1
Dies ist mein erster Versuch, eine Fantasy-Geschichte zu schreiben. In dieser Geschichte kommen auch einige Begriffe vor, die ich der nordischen Sprache der Wikinger angelehnt habe, zur besseren Erklärung habe ich am Ende der Geschichte eine Erklärung angeheftet. Noch immer brannte die Sonne heiß an diesem späten Nachmittag Mitte Juni, sie stand hoch über den Bergspitzen der nahen Diamantberge. Jörday, der junge Nordmann, musste seine Hand über seine Augen halten, als er gen Himmel schaute.
‚ Wenn es doch bald einmal regnen würde‘ dachte er, dann könne er sich das Bewässern des Gemüsegartens sparen. So schleppte er Eimer für Eimer vom Hofbrunnen in das umzäunte Gatter und begoß die junge Saat von Möhren, Kohl und Salat. Er musste sich beeilen, in einer Stunde würden Far und Grotfar aus dem Stall und vom Feld nach Hause kommen und dann sollte das Essen im Haus auf dem Tisch stehen. Jörnar, der Far, arbeitete im Stall, versorgte die Ziegen, Schafe und Schweine, während Jördan, der Grotfar auf dem Feld hinter dem Hof arbeitete.
Solange Jörday denken kann, lebten sie hier auf dem Hof unweit des Dorfes Hirschenthal am Rande des Diamantgebirges. Zuerst noch mit Moda und der Grotmoda, aber beide sind schon seit Jahren tot. Jördays ältere Schwester hatte einen Bauern aus dem Nachbardorf geheiratet und lebte bei ihm auf seinen Bauernhof und kam nur selten zu Besuch und sein jüngerer Bruder ging bei einem Stellmacher in der fernen Stadt in die Lehre. Und es war klar, dass er, der älteste und der Hoferbe, natürlich auf dem Hof bleiben musste.
Manchmal kam der junge Nordmann sich vor, als wäre er sowas wie ein besserer Knecht, da er nicht nur den Garten, sondern auch das Haus versorgen musste. Denn es lebte kein Frau weiter auf dem Nordmann-Hof. Wie schon erwähnt, weilten Mutter und Großmutter schon lange nicht mehr unter ihnen. Vor vielen vielen Jahren kamen die Nordmänner aus dem weit entfernten Land hinter der Mitternachtssonne in dieses Dorf. Wegen einer Fehde zweier Nordmann-Stämme mussten sie von dort fliehen.
Die Siedlung, wo Grotfar mit seiner Familie lebte, wurde von der verfeindeten Sippe überfallen und dem Erdboden gleich gemacht. Grotfars Familie und die Nachbarn konnten gerade noch im nahen Wald Schutz suchen, doch als man glaubte, das Schlimmste sei vorüber, wagten sie sich aus dem Versteck und wollten in den Ruinen ihrer Häuser nach ihrem vergrabenen Schätzen suchen. Dabei traf dem Grotfar ein Pfeil eines zurückgebliebenen Feines in die rechte Schulter, so mussten alle erneut fliehen.
Und sie flohen gleich weit weit weg, außer Landes und fanden hier in Gernenwald eine neue Heimat. Außer Grotfar und Grotmoda, deren vier Kinder und der Grotohm mit dessen Familie und dann noch zwei befreundete Familien aus dem verbrannten Dorf, die sich dem Treck in die neue Heimat angeschlossen haben. Während Grotfar mit seiner Familie sich in Hirschenthal niedergelassen haben, wanderten die anderen weiter, in die Umgebung, jedoch nicht so weit, als dass man sich nicht hätte besuchen können.
So lernte Jörnar im jugendlichen Alter dann auch seine Frau, ebenfalls eine Nordländerin kennen, heiratete sie und bekam mit ihr drei Kinder. Und so ist es bis heute geblieben. Sicher kam es auch mal vor, dass sich ein Nordländer in eine Einheimische verliebte, aber das war eher selten der Fall. Man blieb am liebsten unter sich, arrangierte sich aber mit der neuen Umgebung und der neuen Heimat. Man nahm am Dorfleben teil, feierte zusammen, jagte auch zusammen und man beschützte sich gegenseitig.
Und Jörday war nicht entgangen, dass sie von der übrigen Dorfgemeinschaft geachtet und auch bewundert wurden wegen ihrer stattlichen Erscheinung. Denn die Nordmänner waren große und starke Kerle, kräftig im Körperbau und Statur und von üppigen langen Haar- und Bartwuchs. Der Grotfar trug sein langes wallendes weißes Haar offen und sein langer ebenfalls weißer Bart reichte ihm weit bis über die Brust, meistens trug er darin noch eine Spange, das aber nur an besonderen Feiertagen.
Jörnar, der Far, hatte einen ebenfalls wallenden langen Bart und ebenfalls lange Haare, allerdings in einer graublonden Farbe, und er schmückte sich gerne mit Bändern und kleinen Perlen. Moda fand das immer etwas übertrieben und meinte, Far hätte schon die Putzsucht einer Frau angenommen. Aber man musste zugeben, Geschmack hatte er. Es war nicht wirklich übertrieben. Jörday selbst war strohblond, er trug sein Haar ungern offen, sondern band es mit kleinen Lederriemchen zu einem Pferdeschwanz zusammen am Hinterkopf.
Und einen Bart hatte er selbst auch noch nicht, abgesehen von dem kleinen blonden Oberlippenflaum unter seiner Nase. Und dann gab es noch etwas, was die Nordmänner auszeichnete: sie waren alle ziemlich stark behaart am ganzen Körper. Mal mehr, mal weniger, aber in Jördays Familie waren alle schon ziemlich mit Brusthaaren, Rückenhaaren, Haaren an Armen und Beinen, ausgestattet. Grotfar Jördan meinte einmal, in ihrer Sippe wären alle so gewesen, denn einer alten Legende nach stammten sie von einem riesigen Bären ab.
Sogar die Frauen sollen behaart gewesen sein, aber Jördan meinte immer scherzhaft, dass diese die Haare auf den Zähnen gehabt hätten. Es war auch ganz gut, dass ihr Hof etwas außerhalb des Dorfes lag. Denn der Grotfar und der Far, sie trugen im Sommer nur das Notwendigste auf dem Leib. Grotfar trug nur eine Art kurze Toga aus Leinen über seinen Körper, welche nur mit einem Ledergürtel gehalten wurde, Far nur eine Art Kittel, ein Stück Stoff mit einer Öffnung für den Hals, ebenfalls nur von einem Gürtel aus Leder in der Hüfte zusammengehalten.
Und Jörday selbst trug gerne eine Art Lendenschurz um seinen Körper. Bruchhosen und Beinlinge trug von ihnen im Sommer niemand, höchstens im Winter. Dadurch, dass sie nicht so nah am Dorf lebten, mussten sie auch niemanden brüskieren oder erschrecken und konnten sich deshalb auch so frei und ungezwungen bewegen. Und dem jungen Nordmann kam diese Freizügigkeit seiner Familie so ziemlich entgegen. Denn er hatte schon bald erkannt, dass ihm das Weibsvolk ziemlich egal war, er schaute lieber Männern hinterher, besonders den Älteren.
Da boten ihm natürlich Jördan und Jörnar die beste Vorlage, um es in seinen Lenden brodeln zu lassen. Schon lange hatte er gemerkt, dass auch seine beiden Alten so gar nichts mehr für Frauen übrig hatten und auch schon ziemlich aufeinander fixiert waren. So sah er erst vor ein paar Wochen, dass der Far dem Grotfar beim Essen unter den Tisch zwischen die Schenkel griff und ihn dort massierte. Grotfar ließ sich nichts anmerken, aber nach einer Weile stöhnte er laut auf und fing an zu zittern.
Jörday verstand es noch nicht, im ersten Moment glaubte er, Grotfar hätte wieder Schmerzen in seiner Narbe, damals von dem Pfeil, er wollte schon aufspringen und die kühlende Salbe aus dem Regal holen, als der Far ihm abwinkte und meinte, es sei nichts schlimmes. Vor ein paar Nächten, Jörday war gerade in seinem Bett in seiner Kammer unterm Dach eingeschlafen, hörte er, wie der Far seine Kammer unten im Haus verliess und in die Kammer vom Grotfar schlich.
Aber der Junge war zu müde, um nachzusehen, weshalb und wieso. Erst am nächsten Morgen wollte er fragen, was da los war, aber er traute sich nicht so recht mit der Sprache heraus. Nun hatte Jörday an diesem heißen Sommernachmittag aber seine Arbeit im Garten beendet und ging ins Haus, um das Abendessen vorzubereiten. Wenn Far und Grotfar von ihrer Arbeit kamen, waren sie stets hungrig. So stellte der junge Mann Schüsseln mit Schafskäse und Butter auf dem Tisch, schnitt etwas vom selbstgebackenen Brot ab, holte aus dem Keller in zwei Krügen Met für den Grotfar und Bier für den Far und für sich etwas Buttermilch.
Dann stellte er sich an die Haustür und schlug mit einem Hammer gegen die dort hängende Pflugschar, um zu signalisieren, dass das Essen bereit stünde. Das war auf dem Nordmann-Hof das Signal für den beginnenden Feierabend. Dann versorgte er noch Botz, den Hofhund mit Futter und frischem Wasser. Als er noch einmal gen Himmel schaute, sah er, dass die Sonne bereits hinter den Berggipfeln verschwunden war und das Tal in warmes, oranges Licht tauchte.
Aber trotzdem war es noch sehr warm, so ging Jörday noch einmal zum Hofbrunnen und schöpfte einen Eimer Wasser heraus, um ihn sich selbst über den erhitzten Körper zu gießen, dann wiederholte er das Schöpfen, denn die beiden Männer würden sich, bevor sie das Haus betreten, sicher auch die gleiche Art von Erfrischung gönnen. Dann setzte er sich auf die Bank vorm Haus und wartete auf die beiden. Als sie aber nach wenigen Minuten immer noch nicht zu sehen waren, fing Jörday an, sich zu wundern und sich Sorgen zu machen.
War vielleicht etwas passiert? Sie kamen eigentlich immer pünktlich zum Essen. Hatten sie vielleicht das Signal von der Pflugschar nicht gehört? So griff der Junge noch einmal zum Hammer und schlug noch einmal gegen das Eisen. Als danach immer noch niemand zu sehen oder zu hören war, ging Jörday ins Haus, deckte die Speisen zu, stellte die Krüge mit Met und Bier ins Kühlloch, schloß die Haustür und ging die beiden suchen. Er schaute in die Ställe, wo er seinen Far vermutete, aber der war nirgends zu finden.
Dann lief er hinter die Scheune, von wo man zum Hofacker schauen konnte, aber auch sein Grotfar war nicht zu sehen. Nur seine Toga hing über einen Pfahl am äußersten Ende des Feldes, da, wo auch der Wald begann. Jörday wunderte sich, wenn des Grotfars Kleidung da am Pfahl hing, das musste ja bedeuten, dass der alte Mann jetzt vollkommen nackt war. Er lief auf dem Pfahl zu und stellte fest, neben dem Pfahl lag auch der Kittel des Fars.
Waren sie beide nackt? Und wohin waren sie dann gegangen? Jörday beschloss, der Sache auf dem Grund zu gehen.
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